Die alten Preußen (Pruzzen),
Litauer und Letten bilden den „baltischen Zweig“ der indogermanischen
Sprachfamilie. Die Esten gehören nicht zu ihr sondern sind Finno-Ugrier
(Finnisch-ugrische Religionen).
Die älteste Erwähnung der
Völker des Baltikums findet sich bei Plinius und Tacitus. Sie werden mit dem
Namen Aestii bezeichnet. Dieses Wort gotischen Ursprungs (von "aistan" = achten,
ehren) soll dann aber später auf die nach Abstammung und Sprache verschiedenen
Esten übergegangen sein. Die Aestii werden als friedliche Leute geschildert,
die Ackerbau trieben, die Mutter Erde verehrten und den Bernstein (glesum)
sammelten. Tacitus hebt bereits die sprachliche Verschiedenheit der Aestii von
den Germanen hervor. Die Bezeichnung "Prusi" oder "Prushane" ist slawischen
Ursprungs und taucht zuerst im 10. Jahrhundert im Reisewerk des Ibrahim Jakub auf.
Mit dem Glauben der Preußen
beschäftigte sich zuerst der Kaplan Peter von Duisburg in seiner lateinisch
geschriebenen Chronik Preußens (1326). Über den Glauben der Litauer handelte
1262 ein russischer Kompilator, der die im 10. Jahrhundert bearbeitete alte slawische
Übersetzung der Weltchronik des zur Zeit Justinians lebenden Syrers Malalas mit
Zusätzen versah. Später schrieb über sie Papst Pius II. (Aeneas Sylvius) in
seinem Werke "De Europa". Er gab dort wieder, was er auf dem Baseler Konzil von
einem in Litauen um 1408 missionierenden Mönch gehört hatte. Dazu kommen
Berichte von Jesuiten und Kalvinisten über Litauer und Letten aus dem 16. und
17. Jahrhundert.
Peter von Duisburg schreibt
über die alten Preußen: "In ihrem Irrglauben verehrten sie jegliches Geschöpf
als Gott, nämlich: Sonne, Mond und Sterne, Donner, Vögel, Vierfüßler bis zur
Kröte. Sie hatten auch heilige Haine, Felder und Gewässer, so dass sie darin
weder Bäume zu fällen, noch den Acker zu bauen, noch zu fischen gewagt
hätten." Auch bei den anderen baltischen Völkern bildete die Naturverehrung die
Grundlage ihrer Religion. Allen gemeinsam war der Donnergott Perkun(as), dessen
Name wohl nicht mit dem des indischen Regengottes Pardschanya zusammenhängt,
sondern von perkus, latein = quercus (Eiche) abgeleitet ist; denn dieser Baum
war ihm heilig. In den auf uns gekommenen Berichten über die einzelnen Völker
werden eine große Anzahl Namen von Gottheiten erwähnt, doch sind deren Gestalten
meist nicht konkret greifbar. Bei den Preußen sei hier nur der Erntegott Kurke,
bei den Litauern und Letten die Göttin der Morgenröte Ausra (Austra) = Aurora
genannt und Sovij, der die Seelen in die Unterwelt führt.
Der Kultus wurde im Freien
geübt: diese Völker hatten wohl Bildsäulen, aber keine Tempel. Hervorgehoben
wird das Unterhalten eines ewigen Feuers zu Ehren des Perkunas, weshalb die
Litauer vom Patriarchen von Konstantinopel als Feueranbeter bezeichnet wurden.
Als Opfertier diente den Preußen vor allem der Bock. Die Priester standen in
hohem Ansehen, ihr oberster hieß "Krive".
Die Vorstellungen von dem Leben nach dem Tode
Darüber schreibt Peter von
Duisburg: "Die Preußen glaubten an die Auferstehung des Fleisches, doch nicht
so, wie sie sollten. Denn sie glaubten, dass, wer in diesem Leben edel oder
unedel reich oder arm, mächtig oder machtlos war, dasselbe im anderen Leben
bleibe" (weshalb sie mit den Toten ihre Besitztümer verbrannten). In dem in Christburg 1249 zwischen dem Deutschen Orden und den Preußen abgeschlossenen
Vertrag heißt es von den preußischen Priestern: "Die Augen gen Himmel gerichtet,
behaupten sie verlogen, sie sähen den gegenwärtigen Toten mitten durch den
Himmel fliegen, hoch zu Ross und mit großem Gefolge." Andererseits finden sich
auch die üblichen Vorstellungen von dem Weiterleben der Toten in der Nähe ihres
Bestattungsplatzes, weshalb man ihnen an bestimmten Tagen Speisen darbrachte.
Von den Letten sagt ein Jesuitenbericht von 1583, dass sie nichts unternähmen,
ohne vorher die Geister durch Opfer beschwichtigt zu haben. Auch der Glaube an
die Seelenwanderung (Eingehen in Tiere oder in Menschenleiber) ist bezeugt.
|